Storytelling – eine Frage des Blickwinkels
Storytelling – eine Frage des Blickwinkels

Storytelling – eine Frage des Blickwinkels

Kürzlich habe ich bei einer Veranstaltung etwas Lustiges entdeckt: Menschen, die mit ausgestreckter Hand, konzentriertem Blick und Kommandos an unsichtbare Wesen gebend, einen Hindernisparcours abgelaufen sind. Es war zum Brüllen! Doch als dann der Wettbewerb in Hunde-Agility begonnen hat, musste ich meine Sichtweise ändern. Es war beeindruckend, wie schnell die kleinen Hunde da durch Tunnels, über Hürden und zwischen Slalomstangen durchgeflitzt sind. Aufgrund von Handzeichen und kurzen Befehlen. Unsere Hunde haben nicht mal mit Leine annähernd so gefolgt…. Damit sind wir beim Storytelling gelandet. Denn eine Geschichte kann eine Perspektive, eine Meinung, einen Standpunkt verändern.

Festhalten an Gewohntem

Paul Watzlawick erklärte in seinem Buch »Wie wirklich ist die Wirklichkeit« die »Retuschen der Wirklichkeit«. Er beschrieb ein Experiment, bei dem die Versuchspersonen die scheinbare Regel eines Automaten entdecken sollten. Sobald die Testpersonen überzeugt waren, die Regel gefunden zu haben, ließen sie sich nicht mehr davon abbringen. Sie glaubten nicht einmal dem Versuchsleiter. Paul Watzlawik begründete: »Wenn wir nach langem Suchen und peinlicher Ungewissheit uns endlich einen bestimmten Sachverhalt erklären zu können glauben, kann unser darin investierter emotionaler Einsatz so groß sein, dass wir es vorziehen, unleugbare Tatsachen, die unserer Erklärung widersprechen, für unwahr oder unwirklich zu erklären, statt unsere Erklärung diesen Tatsachen anzupassen.« (S. 67) Der Wechsel des Blickwinkels ist nur bei enorm hohem Vertrauen oder großem Schmerz möglich. Außer man erzählt eine Geschichte. Sind wir von einer Geschichte fasziniert oder berührt, überlegt sich das Gehirn keine Gegenargumente.

Zuhören. Erzählen. Verstehen.

Erzählen sich Mitarbeiter unterschiedlicher Abteilungen einander Geschichten, wachsen Verständnis, Wertschätzung und Respekt. Auch bei einer Weihnachtsfeier könnte die Schilderung eines begeisterten Kundenanrufes für Stimmung sorgen. Dann verstehen Mitarbeiter, warum sie für das Unternehmen arbeiten. Sie werden Teil der Problemlösung. Der Chemiekonzern BASF hat aus Mitarbeitergeschichten sogar einen Leitfaden für neue Mitarbeiter zusammengestellt. Denn über Hoppalas und Erfolge anderer zu lesen ist spannender, als über Vorschriften. Den Blickwinkel für ihre kleinen Zuseher hat auch ein Fernsehkanal gewechselt. Sie haben hingehört. Denn warum sollte sich ein kleiner Junge durch die Großstadt kämpfen? Aus Liebe zu seinem besten Freund natürlich.

In folgenden zwei Filmen spielt die Perspektive ebenfalls eine große Rolle. In »A beautiful mind – Genie und Wahnsinn« erlebt Russell Crowe in der Rolle des Nobelpreisträgers John Nash diesen Perspektivenwechsel sehr dramatisch. Im Familienfilm »Der ganz große Traum« mit Daniel Brühl zeigen sich die unterschiedlichen Perspektiven harmloser: Es geht dabei »nur« um die Ansicht, mit der sich Deutsche und Engländer Ende des 19. Jahrhunderts begegnen.

Über Steve Jobs Wahrnehmung habe ich vor einiger Zeit in einer Bloggeschichte erzählt. (7 Gründe warum FK von Geschichten profitieren) Er war ein Meister der Kunst, die Welt aus einem seinem Blickwinkel zu betrachten. Heute möchte ich einen Ausschnitt aus seiner Stanford Commencement Speech 2005 zitieren:

Your time is limited. So don’t waste it by living someone else’s life. Don’t be trapped by dogma which is living with the results of other people’s thinking.

Ein Weg, um unseren Blick zu öffnen führt über Geschichten. Wir können die Entwicklung unseres Helden mitverfolgen und miterleben. Wir ändern unseren Blickwinkel und damit auch unser Verständnis. Deshalb funktionieren auch Geschichten über einzelne Mitarbeiter, Lieferanten aus aller Welt. Und mit dem richtigen Blickwinkel kann man auch die Wiedereröffnung einer Rolltreppe unterhaltsam in Szene setzen.

Zugegeben, die Perspektive zu wechseln, ist manchmal ganz schön schwer. Doch es kann sich lohnen.

Alles Liebe,

Nina Karner

PS: Danke für das Foto an seinen Schöpfer – ich habe leider keine Quelle gefunden.

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